Tandem #3
Tandem #3
Ab 2022 finden im 4D Projektort des BBK LEIPZIG e.V. im Rahmen des Vor- und Nachlassprojektes Tandem-Ausstellungen statt. Mitglieder der Jahrgänge vor 1960 gestalten gemeinsam mit einem/r jüngeren Künstler:in aus den Reihen des BBK LEIPZIG e.V. eine Ausstellung im 4D Projektort.
Günther Berger // Laila Sahrai
Vernissage // 16.06. ab 18 Uhr
Laufzeit // 17.06. – 07.07.2022
Ort // 4D Projektort des BBK LEIPZIG e.V., Tapetenwerk Haus B, Lützner Straße 91, 04177 Leipzig
Öffnungszeiten // Di, Mi, Do 14-18 Uhr
Die Ausstellung ist Teil der TANDEM-Reihe des BBK Leipzig. In dieser treffen Mitglieder der Jahrgänge vor 1960 auf eine:n jüngere:n Künstler:in. Diesmal: Günther Berger (*1930, Roitzsch) & Laila Sahrai (*1975, Kabul).
Günther Berger
1930 geboren in Roitzsch bei Bitterfeld
1954 – 1957 Studium am Institut für Kunstpädagogik, Karl-Marx-Universität Leipzig
1957 – 1970 wissenschaftliche und künstlerische Tätigkeit als Dozent am Institut für Kunstpädagogik, Leipzig in Lehre und Forschung
1964 Promotion
1970 – 1995 wissenschaftliche und künstlerische Tätigkeit als Dozent am Institut für Kunstpädagogik, Leipzig in Lehre und Forschung
1985 Habilitation
Seit 1980 Mitglied im Verband Bildender Künstler Sachsen
Zum künstlerischen Schaffen von Günther Berger
Für Günther Berger war die eigene künstlerische Kreativität von Jugend an ein elementares Bedürfnis, obwohl er sich im späteren Berufsleben mit der Kunst vor allem als Theoretiker und Pädagoge beschäftigten musste. Aber die Rationalität dieser Kunstbeziehung hat nie die Quellen seiner spontan zur Entäußerung drängender Bildimagination verschütten können. Im Gegenteil! Das Wissen um die Gestaltungsgesetze der Kunst machte ihn offen und zunehmend freier für eine experimentierende Selbsterkundung eigener, wesensgemäßer Kunstproduktivität. Anfangs im Zeichen des „Realismus“ mehr auf das objektiv Sichtbare den Freiraum zu abstrahierender Umsetzung, ja gegenstandsloser Gestaltung geschaffen. (…)
Die „Grenzenlosigkeit“ ist bei Günther Berger bewusstes Programm. Dazu er selbst: „Ich sehe zwischen gegenständlichen, am Naturvorbild orientierten, und ungegenständlichen Arbeiten, keine tiefen Gräben. In beiden Fällen – so oder so – sind die Ergebnisse Ausdruck meiner eigenen Erlebnisse und bildnerischer Absichten.“ Interessant ist dabei, dass alle seine Arbeiten, auch die allermeisten der so unmittelbar wirkenden Landschaftsaquarelle, im Atelier aus der Vorstellung entstanden sind. Er begreift die Natur als etwas Gewachsenes, sich ständig Veränderndes und Träger von Stimmungs- und Ausdruckswerten. „Nicht topografische Genauigkeit wird angestrebt, sondern bildhaft Wesentliches, Charakteristisches. Auch bei `Arbeit vor Ort´ werden reale Erscheinungen, schon durch den Zwang der Bildgesetze (Komposition, Farbklang usw.) verändert und zu einem neuen Bildganzen umformt.“
Diese von Günther Berger lang verinnerlichte Dialektik von Naturbindung und Kunstgesetzlichkeit prägt seinem Schaffen den persönlichen Stempel auf. Ob ein starkes Landschaftserlebnis, musikalische oder literarische Anregungen – er ist im Alterswerk frei genug geworden, im lustvollen experimentellen Umgang mit Materialien und Techniken sowohl realistisch wie abstrakt zu arbeiten. Kunstmachen ist für ihn eine „Art Abenteuer, stark bestimmt von bildnerischen Zufällen und Spontanität“.
Bei aller weltbejahenden, vor allem in den Farben sichtbaren Grundhaltung, spürt man in dieser Kunst des Selbstausdrucks auch das Bewusstsein von Gefährdung und Dissonanzen (…). Aber der Tenor ist lebensfreundlich, wohl zuallererst, weil Kunstproduktion für Günther Berger – „als Prozess nach vorn offen“ – erfüllte Lebensfreude bedeutet.
Dr. Günter Meißner (zu Günther Bergers Ausstellung in der Dresdner Bank Leipzig, 1998)
Laila Sahrai
1975 geboren in Kabul
2002 – 2007 Studium Bildende Kunst (Malerei, Zeichnung, Grafik) und Visuelle Kommunikation an der Academy of Art & Design in Enschede (NL) – Abschluss mit Auszeichnung
2014 Aufbaustudium in Visual Profiling an der Freien Landesakademie Kunst in Freiburg i.Br.
2015/16 Masterstudium Bildende Kunst an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft bei Bonn – Abschluss mit Auszeichnung
Tätig als autonome Künstlerin und freie Dozentin, Freiburg
Statement Laila Sahrai
Poesie ist die Stimme des Herzens, Malerei der stille Schrei der Seele
Ich male, wenn die Stimme der Wahrheit sich erhebt – die Stille
Wenn ich mit dem Malen anfange, dann ist die „Vorarbeit“ bereits vollbracht. Das Tor zu den Geheimnissen des Herzens ist aufgebrochen und ich werde über die Grenzen des Denkens „geschleust“, jenseits von Sitten und „von Sinnen“. Der Mut zur Freiheit schreit aus vollem Halse in stiller Anmut.
Neue Wahrheiten finden mich als Medium und erfüllen sich selbst. Meine Bilder schöpfen aus der Seele und kommunizieren über sie. Wie meine großen Vorbilder, u.a. Picassó, habe ich „im Grunde immer nur eines getan: Lieben“
Günther Berger und ich haben uns auf einer meiner Ausstellungen in Leipzig im Jahr 2012 kennengelernt. Er war begeistert und zugleich gerührt von meinen Bildern, was mich sehr erstaunte. Seitdem verbindet uns eine enge Freundschaft, die durch die Kunst und künstlerische Gespräche bestärkt wird.
Aus persönlichen Gründen musste ich von Leipzig nach Freiburg i.Br. umziehen. Doch trotz der großen Entfernung sind wir uns geistig verbunden geblieben. Wir sprachen über eine gemeinsame Ausstellung, was mich mit großer Freude erfüllte. Ich fühle mich geehrt, mit einer so erfahrenen und künstlerisch versierten Person auszustellen.
G. Berger hat sich weiterhin für meine kulturelle Herkunft interessiert und wir fanden auch hier, trotz der sehr unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Hintergründe, einige Gemeinsamkeiten. Er besitzt eine empathische Anteilnahme an meiner Fluchterfahrung, die ich als Kind gemacht habe und zeigt viel politische Toleranz; denn aus eigener Erfahrung kennt er derlei Schwierigkeiten allzu gut.
G. Berger hat großes Verständnis für meine z.T. komplexen Bilder. Er sieht und spürt die Tiefe in meinen Bildern und besitzt die Fähigkeit, dem „Verrückten“, was ich in meinen Bildern ausdrücke, in Worte zu fassen und die „Normalität“ darin zu sehen. In vielen meinen Bildern wende ich Gestaltungsprinzipien und -methoden des Surrealismus an (z.B. Koppelung disparater Gegenstände). Aber auch Experimentelles, sowie Gegenständlichkeit und das Abstrakte durchstreifen mein künstlerisches Schaffen. Alle Themen und Methoden werden mit einer intensiven Naturverbundenheit herangetastet, denn in der Natur sehe ich die Originalität, eine Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und „Unantastbarkeit“, die keiner Korrektur bedarf. …
Impressionen von der Eröffnung (c)Fabian Heublein